Warum so ängstlich an der Leine?

Enrico

Neues Mitglied
Hallo ihr Lieben,

Meine Partnerin und ich wollen uns nun einen Border Collie zulegen. Wir haben uns lange Zeit darüber Gedanken gemacht, uns belesen und alles vorher abgeklärt. Nun sind wir auf eine Familie gefunden, welche ihren Rüden abgeben muss. Sie haben ein Neugeborenes, auf welches Der Rüde nicht so positiv zu reagieren scheint.

Kurz zum Hund:
- reinrassiger 3,5 Jähriger unkastrierter Rüde
- Mama kommt aus der Showlinie und Papa aus der Hütelinie
- hat laut Aussagen, aber keinen Hüteinstinkt


Nach einigen Besuchen bei den Besitzern und vielen Kuscheleinheiten und Spaziergängen ist uns etwas aufgefallen: Sobald der Border an der Leine ist, zieht er ängstlich den Schwanz ein und klappt die Ohren nach hinten und wirkt nervös und ängstlich.



Sobald er von der Leine gelassen wird, ist er wie ausgewechselt: Schwanz ist oben, er wirkt ausgeglichen und spielt und tobt herum.
Er hat einen perfekten Grundgehorsam, hört bei jeden Wort, kennt viele Befehle und Tricks.


Die jetzigen Besitzer wirken Supernett und haben anscheinend viel Liebe und Zeit in die Erziehung gesteckt und trennen sich sehr sehr ungern von ihrem Liebsten.


Woran kann die Ängstlichkeit also kommen? Auf Nachfrage ist diese Unenspanntheit schon immer so und würde auch nicht an einer bestimmten Leine / Geschirr liegen.


Beim spazieren gehen ist uns auch aufgefallen, dass sobald andere Hunde, Jogger oder Kinder uns entgegen kommen, der Hunde sofort angeleint wird.
Ich hoffe, dass einige Mitglieder mir hier weiterhelfen können.

[FONT=&quot]Liebe Grüße[/FONT]
 

Rolf

Mod-Admin
Teammitglied
Wenn Ihr alles über den Border Collie gelesen und abgeklärt hättet, wüsstet Ihr erstens, dass die showlinie noch nicht annähernd so weit ist, diesen Namen verdient zu haben. Bei dem Ausdruck "Showlinie" geht mir eh der Hut hoch. So kann ich einen sehr guten Koppelgebrauchshund zuchtlinienmässig auch versauen. Zweitens würdet Ihr wissen, dass kein einziger Border Collie sowas wie einen "Hüteinstinkt" sein Eigen nennt. Drittens würdet Ihr wissen, dass es beim Border Collie keine "Hütelinie" gibt.

Warum der Border Collie auf ein neues Familienmitglied negativ reagiert, verstehe ich nicht. Border Collies gelten als sehr aufgeschlossen gegenüber neuen Situationen.

Warum der Border sich so wie beschrieben an Leine/Geschirr verhält, sollten schon diejenigen wissen, die diesen Hund abgeben möchten. Sie sollten ihren Border Collie am besten kennen.

Aus welchen Gründen Hunde abgegeben werden sollen, wird in meinen Augen immer toller. Wenn ein Baby dazu kommt, sollte es ja wohl möglich sein, den eigenen Hund daran zu gewöhnen. Ich sehe nicht, was da für ein Abgabegrund bestehen soll.

Edit: Der Border Collie ist ein absoluter worcaholic auf vier Pfoten. Insiofern sollte er gut ausgelastet werden, vor Allem auch geistig.

Info rund um den Border Collioe: http://www.grenzlandschafe.de/graphics/Koppelgebrauchshund%20Marco%20Heyer.pdf
 
Zuletzt bearbeitet:

Enrico

Neues Mitglied
Hallo Rolf,

Gut ... , zuerst einmal vielen Dank für deine schnelle Antwort und und deinem persönlichen Statement zu den anscheinend nicht exzistierenden Hüteinstinkten und deiner Meinung zu den Zuchtlinien.

Ich konnte als Border-Neuling leider nur das wiedergeben, was mir gesagt worden ist und was ich den Zuchtpapieren entnehmen kann.

Laut Aussage der Besitzer zeigt der Border gegenüber dem neuen kleinen Familienmitglied ein "Hüte"verhalten. Dieses soll sich so auszeichnen, dass er sich auf den Boden legt und anfängt zu knurren. Ich kann dir nochmals nur das sagen, was mir gesagt wird. Soviel dazu.

Hast du denn trotzalledem evtl. eine eigene Erklärung zum eigentlichen Problem und seinen damit ängstlichen Verhalten an der Leine? Denn wenn es mir die Vorbesitzer erklärt hätten, würde ich hier nicht um Hilfe bitten.

Evtl. hast du aus deiner eigenen Erfahrung solch Verhalten schon einmal erlebt und könntest mir Hilfe in Form von Erklärungsversuchen geben oder Trainingstipps geben, um dieses Verhalten entgegenzuwirken.

Vielen Dank schonmal für deine Mühe :)

Beste Grüße
 

Rolf

Mod-Admin
Teammitglied
Hi Enrico,

der Border Collie leistet arbeit am Vieh -und dafür wird er gezüchtet-, weil er einen sehr ausgeprägten Jagdtriebhat, jedoch ohne das finale Jagen, nämlich das Töten des Beutetieres. Dieser Jagdtrieb wird fälschlich oftmls als "Hüteinstinkt" oder "Hütetrieb" genannt.

Auch eine "Hütelinie" gibt es beim Border Collie nicht - hier handelt es sich um eine Arbeitslinie.

Hier noch Infos zum Border Collie: Interview mit Sonja Pfeifer zum Thema Hüten und Hütehunde | Leben mit Hund

Ein Border Collie, der nicht artgerecht gehalten wird, oder Unter- bzw. Fehlbeschäftigt wird, neigt dazu, unübliches Verhalten zu zeigen. So wurde beobachtet, dass ein Border Collie stundenlang einen Baumstumpf "hütet", oder Kinder unter seine Kontrolle bringt. Auch wurde beobachtet, dass solche BC`s vor Autos laufen, um diese, wie sonst Vieh, zu stoppen. Auch wuden von diesen Hunden Fahrradfahrer unfreiwillig vom Fahrrad geworfen, mit der Absicht, hüten zu wollen. Und in diesem konkreten Fall "arbeitet" der Border halt am Baby.

Zu dem ängstlichen Verhalten an der Leine kann ich so nichts sagen, da ich das bei meinen Border Collies nie erlebt hatte. Meine Border Collies waren stets sehr gut leinenführig.

Um diese Ängslichkeit an der Leine zu beheben, kannst Du den Hund in einer ruhigen Umgebung und in einer ruhigen Atmosphäre an die Leine nehmen und dafür sorgen, dass der Hund ausschliesslich Dir seine Aufmerksamkeit widmet - beispielsweise mit einem Lecker. Geht er dann ruhig mit Dir an der Leine, lobe ihn überschwenglich. Das ist erstmal ein Anfang, denke ich. Es wäre auch gut, dem Hund zu vermitteln, dass er nur mit Dir allein Spass haben kann. Das trägt auch dazu bei, dass der Hund eine gute Bindung zu Dir aufbaut.
 

Isabel

Foren-Guru
Hallo Enrico,

auch ich habe eher keine Erklärung, warum ein Hund auf ein Baby "nicht so positiv" reagieren sollte. Vielmehr vermute ich, daß die Familie die Prioritäten nun anders setzt und nicht mehr die Zeit für den anspruchsvollen Hund aufbringen kann/möchte. Ich kenne einige Border Collies in Familien mit Babies und Kleinkindern, bei denen das wunderbar klappt.

Zur Show- und Arbeitslinie hat Rolf schon alles gesagt und er kennt sich da wirklich aus.

Das Verhalten an der Leine klingt merkwürdig. Zieht er denn auch an der Leine? Vielleicht sitzt das Geschirr nicht gut, scheuert oder schränkt ihn in seiner Bewegungsfähigkeit ein. Möglicherweise hat er an oder mit der Leine schlechte Erfahrungen gemacht. Vielleicht sind im Welpenalter beim Üben der Leinenführigkeit Fehler gemacht worden? Verhält er sich bei allen Personen, die ihn an der Leine führen so? Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten.
Auf jeden Fall ist das Problem, wenn es denn eines ist, gut zu beheben.

Ich würde an Eurer Stelle auch mal nachfragen, warum er immer angeleint wird, wenn Hunde, Jogger oder Kinder auftauchen. Vielleicht besteht da auch ein Zusammenhang.

Interessant wäre nämlich, zu beobachten, was passiert, wenn er bei solchen Begegnungen nicht angeleint wird.

Ich finde es gut, daß Ihr Euch so viele Gedanken macht und mir gefällt auch gut, daß Ihr einem Hund, von dem seine Menschen meinen, er paßt nicht mehr in die Familie, ein Zuhause geben wollt.

Berichte mal bitte weiter, ja?
 

Enrico

Neues Mitglied
Großes Lob und Dank an Rolf und Isabel :)

Zu Rolf:
Danke nochmal für deine Erklärungen zu den Zuchtlinien und dem Jagstrieb. Das hilft mir schon mal sehr viel um ein besseres Verständnis entwickeln zu können! Von deinen berichteten Fällen was die Autos oder Radfahrer betrifft habe ich auch schon von gelesen. Diese Sachen lassen den Border aber völlig kalt und interessieren ihn gar nicht.

Was die Leinenführigkeit betrifft: Nun ja .. er geht an sich gut an der Leine, neigt aber dazu nach vorn gehen zu wollen und wirkt sehr energiegeladen. Man kann ihn durch stehenbleiben, schnellen Richtungswechsel und Leckerlis schon dazu bewegen auf gleicher Höhe oder im gleichen Tempo zu gehen. Das hält aber dann genau so lange, bis er mal wieder von der Leine ist und dann wieder angeleint wird. Er braucht in dem Fall anscheinend immer eine gewisse Zeit um zu merken, dass das ziehen nichts bringt. Wirkt dann aber wie gesagt die ganze Zeit nervös und verängstigt.

Danke für den Tipp mit der ruhigen Umgebung und Atmosphäre.



Zu Isabel:

Danke für deinen Einstieg und deine Hilfe! Die Leine und das Halsband, sowie das Geschirr wurde wohl schon 2-3 mal gewechselt, aber es hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Sobald er an der Leine ist bellt er auch schonmal vorbeilaufende Jogger an, was er meines erachtens ohne Leine nicht tun würde.

Kann es denn sein, dass die Vorbesitzer auch einfach übervorsichtig sind und dem Hund mit der Anleinung bei Joggern, Kindern etc. damit immer vermittelt wird, dass bei Anleinung anscheinend Gefahr zu drohen scheint und er die Leine damit verbindet?
 

Enrico

Neues Mitglied
Ich finde es gut, daß Ihr Euch so viele Gedanken macht und mir gefällt auch gut, daß Ihr einem Hund, von dem seine Menschen meinen, er paßt nicht mehr in die Familie, ein Zuhause geben wollt.

Berichte mal bitte weiter, ja?
Und für diesen Satz vielen Dank :) Natürlich berichte ich sehr gern weiter.
 

Rolf

Mod-Admin
Teammitglied
Ja, Enrico, das mit den Vorbesitzern und einer gewissen Übervorsichtigkeit kann`s auch verursacht haben, mit der Leinenführigkeit.

Manche Hunde verbellen schon mal an der Leine Jogger usw., weil sie sich an der Leine stärker vorkommen und mutiger sind - schliesslich ist Frauchen/Herrchen am anderen Ende der Leine und wird im Zweifel Schutz und Hilfe gewähren.

Was in meinen Augen Wichtiges habe ich ganz vergessen. Der Border Collie zählt zu den intelligentesten Hunden überhaupt. Ein BC hat in etwa den Intellekt eines 3- bis 4-jährigem Menschen. So ist es ganz wichtig, dass der Border Collie nicht nur körperlich gefordert und gefördert wird, sondern auch geistig, also Kopfarbeit. Intelligente Beschäftigung ist absolut wichtig bei dieser Hunderasse.

Wenn der Border eine Zeit lang am Fahrrad läuft, ist er müde, jedoch nicht zufrieden, weil er geistig nicht ausgelastet wurde.
 

Isabel

Foren-Guru
Übervorsichtigkeit könnte der Grund sein. Hat denn immer dieselbe Person den Hund geführt?

Mich würde in dem Zusammenhang interessieren, ob der Hund dieses Verhalten bei jeder Person zeigt. Dann wäre erst einmal auszuschließen, daß es am Hundeführer liegt.
Habt Ihr ihn denn schon mal geführt, als Ihr zusammen spazieren gegangen seid?
Hält er den Schwanz die ganze Zeit, wenn er an der Leine ist, eingeklemmt oder nur eben unten?

Dann muß geschaut werden, worauf der Hund reagiert, also ob es generell das Anleinen ist oder ob er auf etwas Bestimmtes reagiert, also entweder auf Kinder, die oft ungestüm sind, ob er ggf. auf die sportlichen Bewegungen der Jogger reagiert und dann kann man da ansetzen.

Frage doch erst einmal seine jetzigen Menschen, warum er immer angeleint wird, und zwar bei jeder Mensch/Hund Begegnung.

Das auf dem Boden liegen und knurren würde ich nicht als das bezeichnen, was gemeinhin als Hüteverhalten bezeichnet wird. Wahrscheinlich bekommt er jetzt weniger Aufmerksamkeit und vielleicht ist das seine Art, diese einzufordern. Möglicherweise haben seine Menschen bei der Hund/Baby Zusammenführung Fehler gemacht, so daß er den "Eindringling" als Konkurrenz empfindet. Es werden Spekulationen bleiben, aber irgendetwas ist da nicht gut gelaufen. Die meisten Border Collies sind ausgesprochen freundliche Hunde, und zwar mit einem ausgeprägten "will-to-please".

Hat er dieses Verhalten gegenüber dem Baby auch in Eurer Anwesenheit gezeigt?
 

Lucy

Foren-Guru
Ich kann meinen Vorschreibern nur uneingeschränkt beipflichten. Das der Border solch ein Verhalten dem Nachwuchs gegenüber zeigt, kann sich nur dadurch erklären lassen, das eine gute Zusammenführung nicht stattgefunden hat. Der Border ist bei guter und artgerechter Haltung seinen Leuten gegenüber immer freundlich. Das Verhalten kann eine Art von Übersprunghandlung sein, weil er vielleicht nicht im Zusammenleben mit dem neuen Nachwuchs richtig einbezogen wird. Er ist, wie schon oben beschrieben, ein Kopfarbeiter. Gerade sehr intelligente Fellnasen lassen sich gern mit einigen Aufgaben bei der Kinderaufzucht einbeziehen und können so eine tolle Unterstützung sein.
Viele Grüße
Heike mit Lucy
 

Rolf

Mod-Admin
Teammitglied
Schade, dass nicht weiter berichtet wurde. Hätte mich sehr interessiert, wie es weitergegangen wäre, Enrico.
 

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